"Archivsichere" Aufbewahrung von Fotos u. flachen Papier-Objekten
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- Juan
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"Archivsichere" Aufbewahrung von Fotos u. flachen Papier-Objekten
Hallo,
aufgrund einer Frage eines QFCG-Mitglieds, wie er seine (Brief-)Marken der Royal Mail von 2020 lagern sollte ...
... berichte ich einmal aus meiner Erfahrung mit der sogenannten "archivsicheren" Aufbewahrung von Film- und Druckmaterialien.
Das Thema ist -natürlich, wer hätte das gedacht- sehr vielschichtig.
Es gibt dicke und lange Abhandlungen über das sachgerechte Lagern bzw. Archivieren.
Natürlich spielt zunächst das zu lagernde "Gut" eine wesentliche Rolle.
Ich beschränke mich bei den Hinweisen hier auf den Bereich, von dem ich eine gewisse Ahnung habe, also auf (analoges) Fotomaterial und auf Printobjekte auf flachem Papier - unter "haushaltsüblichen" Bedingungen.
Die Variante "museumsgerechte" Archivierung lasse ich hier bewusst aussen vor, das wäre nochmal ein eigener Bereich und vom finanziellen Aufwand eher etwas für Profis.
Streng genommen muss zuerst unterschieden werden zwischen beispielsweise:
• Printprodukten (z.B. Briefmarken, Drucke),
• analogen Fotonegativen,
• analogen Diapositiven,
• 'Sonderfälle' (z.B. Polaroids),
• (analoges Laufbildmaterial/Film - ist ein verwandtes, aber eigenes Thema).
Ich versuche "es" mal in "kurz zusammengefasst".
Zunächst sollte sich der geneigte Sammler darüber Gedanken machen, WIE wichtig ihm sein Sammelobjekt ist und ob es um eine
(A) lange, die Eigenschaften erhaltende, lichtgeschützte Archivierung mit möglichst wenig "Zahn der Zeit" geht?
ODER
(B) ob es darum geht, die Objekte seiner Sammlung als 'Aussteller' sichtbar zu präsentieren? (DAS ist wiederum ein eigenes Themengebiet, wird hier im Text nur angedeutet).
HIER geht es erstmal um Variante (A).
Als 1. Lagerungs-"Ebene" kann ich sogenannte 'Archivblätter' empfehlen.
Das sind etwa DIN A4 große "Blätter" (Hüllen) aus speziellem, chemisch neutralem Papier oder Kunststoff, ganz transparent oder semi-transparent, idealerweise P.A.T.-zertfiziert.
Oft mit Ringbuch-Lochung.
Da es die mit Einteilungen (Fächern) für verschieden große, analoge Fotoformate gibt, sollte sich da auch etwas für die eigenen Objekt-Größen finden (so etwa bis Planfilmgröße).
Für einzelne kleinere Objekte (z.B. Briefmarken) sind oft Archivblätter für gerahmte Kleinbild-Diapositive ("Dias") gut geeignet, für größere Objekte (z.B. Postkarten, Drucke usw.) gibt es Archivblätter mit entsprechend größeren Fächern.
Wirklich WICHTIG zu erwähnen ist:
Während der Arbeit mit bzw. an den Sammlerobjekten sollten IMMER weiche, weisse, saubere Fotohandschuhe / Laborhandschuhe aus Baumwolle getragen werden.
Ansonsten reicht beim Anfassen und hantieren der natürliche Säureschutzfilm der Haut aus, um über die Fingerabdrücke mit den Jahren umschöne Flecken oder Verfärbungen hervorzurufen.
Anbieter in Deutschland sind beispielsweise die Firmen:
Hama https://de.hama.com (Suchbegriff: Archivierung);
Auch manche gut sortierten FotoFACHgeschäfte oder Profihändler (z.B. https://www.calumetphoto.de) haben solche Materialien vorrätig oder können etwas besorgen.
Mein favorisierter Händler ist seit Jahrzehnten der Spezialist 'Monochrom' in Kassel (exzellente Auswahl u. Beratung) https://monochrom.com/fotos-archivieren/
(... und nein, ich bekomme keine Prozente für dieses Posting).
Als 2. Lagerungs-"Ebene" empfehle ich für diese Archivblätter trotz ihrer Randlochung dann auf KEINEN Fall übliche Leitz-Ordner oder gar solche aus Plastik, auch nicht den berühmt-berüchtigten Schuhkarton, sondern nur archivtaugliche Kassetten, Boxen oder Schuber.
Diese sind ebenfalls aus chemisch neutralem Material gefertigt, teilweise sogar gegen Umwelteinflüsse 'gepuffert' und bieten zudem einen Staubschutz.
Der 3. relevante Lagerungsaspekt sind dann die Gegebenheiten des Lager-ORTES (meist die eigene Wohnung).
Ungünstig bis richtig schädlich wirken sich über die Jahre aus:
- Dauernde direkte Beleuchtung (z.B. Spot-Lampen oder -Scheinwerfer, Fensterplatz),
- ständig hohe Luftfeuchtigkeit (Küche, Bad, feuchter Keller oder Dachboden und ähnliches),
- Zigarettenrauch oder ähnlicher Rauch,
- chemische Dämpfe oder Gase aller Art (z.B. beim Heimwerken, Basteln, Lackierarbeiten...),
- (Neue) Möbel, egal ob mit Kunststoff oder Furnierholz beschichtet: diese "gasen" noch lange Zeit nach dem Kauf chemisch aus und können wertvolle Sammlungen innerhalb von wenigen Jahren richtig "unbrauchbar" machen, vor allem Fotomaterialien.
Wer diese grundlegenden Aspekte beherzigt hat für die "haushaltsüblichen" Bedingungen Wichtiges getan, um seine Schätze auch noch nach Jahren in ursprünglichem Zustand genießen zu können.
PS: Wer "klassische" Fotos (also Papierfotos in schwarz-weiss (s/w) oder Farbe), sammeln möchte, kann auch so vorgehen wie beschrieben.
ALLERDINGS kann (muss) ich berichten, dass viele Fotos, egal ob auf Baryt- oder RC-Basis (Kunststoffträger), die schon lange "irgendwie" (siehe Strichaufzählung oben) gelagert wurden, oft schon Schädigungen erfahren haben (z.B. Farbverlust, Feuchtigkeitsschaden, Stockflecken usw.), die sich -analog- nicht rückgängig machen lassen, sondern ggf. nur nach aufwändiger digitaler Restaurierung.
PS2: Und ein weiterer "Sonderfall" sind alte Polaroid-Fotos - da habe ich selbst noch kein 'Patentrezept' für meine verschiedenen Formate aus verschiedenen Jahren gefunden, wie ich deren langsames Ausbleichen und weiteres 'chemisches Arbeiten' verhindern kann.
Vermutlich wissen die Profi-Konservatoren eines Foto-Museums dazu etwas zu sagen.
PS3: Inwieweit die Briefmarken-Sammelmaterialien aus den Philatelie-Shops für eine LANGE, chemisch neutrale Archivierung geeignet sind, ist mir nicht gesichert bekannt.
Ok, soviel vielleicht für heute zu diesem Bereich.
tbc
aufgrund einer Frage eines QFCG-Mitglieds, wie er seine (Brief-)Marken der Royal Mail von 2020 lagern sollte ...
... berichte ich einmal aus meiner Erfahrung mit der sogenannten "archivsicheren" Aufbewahrung von Film- und Druckmaterialien.
Das Thema ist -natürlich, wer hätte das gedacht- sehr vielschichtig.
Es gibt dicke und lange Abhandlungen über das sachgerechte Lagern bzw. Archivieren.
Natürlich spielt zunächst das zu lagernde "Gut" eine wesentliche Rolle.
Ich beschränke mich bei den Hinweisen hier auf den Bereich, von dem ich eine gewisse Ahnung habe, also auf (analoges) Fotomaterial und auf Printobjekte auf flachem Papier - unter "haushaltsüblichen" Bedingungen.
Die Variante "museumsgerechte" Archivierung lasse ich hier bewusst aussen vor, das wäre nochmal ein eigener Bereich und vom finanziellen Aufwand eher etwas für Profis.
Streng genommen muss zuerst unterschieden werden zwischen beispielsweise:
• Printprodukten (z.B. Briefmarken, Drucke),
• analogen Fotonegativen,
• analogen Diapositiven,
• 'Sonderfälle' (z.B. Polaroids),
• (analoges Laufbildmaterial/Film - ist ein verwandtes, aber eigenes Thema).
Ich versuche "es" mal in "kurz zusammengefasst".
Zunächst sollte sich der geneigte Sammler darüber Gedanken machen, WIE wichtig ihm sein Sammelobjekt ist und ob es um eine
(A) lange, die Eigenschaften erhaltende, lichtgeschützte Archivierung mit möglichst wenig "Zahn der Zeit" geht?
ODER
(B) ob es darum geht, die Objekte seiner Sammlung als 'Aussteller' sichtbar zu präsentieren? (DAS ist wiederum ein eigenes Themengebiet, wird hier im Text nur angedeutet).
HIER geht es erstmal um Variante (A).
Als 1. Lagerungs-"Ebene" kann ich sogenannte 'Archivblätter' empfehlen.
Das sind etwa DIN A4 große "Blätter" (Hüllen) aus speziellem, chemisch neutralem Papier oder Kunststoff, ganz transparent oder semi-transparent, idealerweise P.A.T.-zertfiziert.
Oft mit Ringbuch-Lochung.
Da es die mit Einteilungen (Fächern) für verschieden große, analoge Fotoformate gibt, sollte sich da auch etwas für die eigenen Objekt-Größen finden (so etwa bis Planfilmgröße).
Für einzelne kleinere Objekte (z.B. Briefmarken) sind oft Archivblätter für gerahmte Kleinbild-Diapositive ("Dias") gut geeignet, für größere Objekte (z.B. Postkarten, Drucke usw.) gibt es Archivblätter mit entsprechend größeren Fächern.
Wirklich WICHTIG zu erwähnen ist:
Während der Arbeit mit bzw. an den Sammlerobjekten sollten IMMER weiche, weisse, saubere Fotohandschuhe / Laborhandschuhe aus Baumwolle getragen werden.
Ansonsten reicht beim Anfassen und hantieren der natürliche Säureschutzfilm der Haut aus, um über die Fingerabdrücke mit den Jahren umschöne Flecken oder Verfärbungen hervorzurufen.
Anbieter in Deutschland sind beispielsweise die Firmen:
Hama https://de.hama.com (Suchbegriff: Archivierung);
Auch manche gut sortierten FotoFACHgeschäfte oder Profihändler (z.B. https://www.calumetphoto.de) haben solche Materialien vorrätig oder können etwas besorgen.
Mein favorisierter Händler ist seit Jahrzehnten der Spezialist 'Monochrom' in Kassel (exzellente Auswahl u. Beratung) https://monochrom.com/fotos-archivieren/
(... und nein, ich bekomme keine Prozente für dieses Posting).
Als 2. Lagerungs-"Ebene" empfehle ich für diese Archivblätter trotz ihrer Randlochung dann auf KEINEN Fall übliche Leitz-Ordner oder gar solche aus Plastik, auch nicht den berühmt-berüchtigten Schuhkarton, sondern nur archivtaugliche Kassetten, Boxen oder Schuber.
Diese sind ebenfalls aus chemisch neutralem Material gefertigt, teilweise sogar gegen Umwelteinflüsse 'gepuffert' und bieten zudem einen Staubschutz.
Der 3. relevante Lagerungsaspekt sind dann die Gegebenheiten des Lager-ORTES (meist die eigene Wohnung).
Ungünstig bis richtig schädlich wirken sich über die Jahre aus:
- Dauernde direkte Beleuchtung (z.B. Spot-Lampen oder -Scheinwerfer, Fensterplatz),
- ständig hohe Luftfeuchtigkeit (Küche, Bad, feuchter Keller oder Dachboden und ähnliches),
- Zigarettenrauch oder ähnlicher Rauch,
- chemische Dämpfe oder Gase aller Art (z.B. beim Heimwerken, Basteln, Lackierarbeiten...),
- (Neue) Möbel, egal ob mit Kunststoff oder Furnierholz beschichtet: diese "gasen" noch lange Zeit nach dem Kauf chemisch aus und können wertvolle Sammlungen innerhalb von wenigen Jahren richtig "unbrauchbar" machen, vor allem Fotomaterialien.
Wer diese grundlegenden Aspekte beherzigt hat für die "haushaltsüblichen" Bedingungen Wichtiges getan, um seine Schätze auch noch nach Jahren in ursprünglichem Zustand genießen zu können.
PS: Wer "klassische" Fotos (also Papierfotos in schwarz-weiss (s/w) oder Farbe), sammeln möchte, kann auch so vorgehen wie beschrieben.
ALLERDINGS kann (muss) ich berichten, dass viele Fotos, egal ob auf Baryt- oder RC-Basis (Kunststoffträger), die schon lange "irgendwie" (siehe Strichaufzählung oben) gelagert wurden, oft schon Schädigungen erfahren haben (z.B. Farbverlust, Feuchtigkeitsschaden, Stockflecken usw.), die sich -analog- nicht rückgängig machen lassen, sondern ggf. nur nach aufwändiger digitaler Restaurierung.
PS2: Und ein weiterer "Sonderfall" sind alte Polaroid-Fotos - da habe ich selbst noch kein 'Patentrezept' für meine verschiedenen Formate aus verschiedenen Jahren gefunden, wie ich deren langsames Ausbleichen und weiteres 'chemisches Arbeiten' verhindern kann.
Vermutlich wissen die Profi-Konservatoren eines Foto-Museums dazu etwas zu sagen.
PS3: Inwieweit die Briefmarken-Sammelmaterialien aus den Philatelie-Shops für eine LANGE, chemisch neutrale Archivierung geeignet sind, ist mir nicht gesichert bekannt.
Ok, soviel vielleicht für heute zu diesem Bereich.
tbc
"Menschen sind gut darin, Neues zu erfinden, aber sehr schlecht darin, die Folgen abzuschätzen ... Wie weit darf, wie weit soll Forschung gehen? Und wer zieht eigentlich die Grenze?“
(Aus: "Human Nature", britische Doku von Adam Bolt 2019)
(Aus: "Human Nature", britische Doku von Adam Bolt 2019)
Re: "Archivsichere" Aufbewahrung von Fotos u. flachen Papier-Objekten
Vielen Dank Juan für deine sehr ausführlichen Ausführungen. Ich möchte nur meine Briefmarken gescheit wegpacken, kein zweites Fort Knox erbauen.
Thuringia rocks
Thuringia rocks
Was man tief in seinem Herzen besitzt, kann man nicht durch den Tod verlieren.
J.W.v.Goethe
J.W.v.Goethe
- Juan
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- Beiträge: 667
- Registriert: 12.04.2004 10:41 Uhr
- Wohnort: Hansestadt Rostock an der Ostsee
Re: "Archivsichere" Aufbewahrung von Fotos u. flachen Papier-Objekten
Jau, ist mir schon klar, dass meine Beschreibung recht ausführlich ist.
Die dargestellten Aspekte reichen aber noch ein ganzes Stück nicht für ein zweites "Fort Knox" ... wenn ich da an zurückliegende Gespräche und Fachsimpeleien mit Berufsfotografen und Museumsleuten denke.
(Das kannst du dir von der Intensität in etwa so vorstellen, als wenn sich 2 Queen-Hardcore-Sammler zufällig neu kennenlernen und ihre Raritäten schildern und sich über winzige Details ihrer ausländischen Fehlpressungen austauschen )
Du hast vermutlich insofern recht, wenn es bei dir "nur" um ein paar wenige Briefmarken geht, die vermutlich locker in 2-3 Ablageblätter passen?
Sicherlich kommst du in deiner Sache weiter, wenn du für dich zu einer Entscheidung kommst, ob du deine Marken "nur" sach- und materialgerecht lagern - ODER eben schön ausstellen möchtest.
Das war mir aus deiner ursprünglichen Anfrage nicht ganz klar geworden,
deshalb habe ich das Thema einfach mal grundlegend "beleuchtet",
zumal solche bzw. ähnlich gelagerte Fragen schon gelegentlich auftauchen.
Ab jetzt kann man beim QFCG etwas "darüber" finden und lesen (wenn man möchte).
Die dargestellten Aspekte reichen aber noch ein ganzes Stück nicht für ein zweites "Fort Knox" ... wenn ich da an zurückliegende Gespräche und Fachsimpeleien mit Berufsfotografen und Museumsleuten denke.
(Das kannst du dir von der Intensität in etwa so vorstellen, als wenn sich 2 Queen-Hardcore-Sammler zufällig neu kennenlernen und ihre Raritäten schildern und sich über winzige Details ihrer ausländischen Fehlpressungen austauschen )
Du hast vermutlich insofern recht, wenn es bei dir "nur" um ein paar wenige Briefmarken geht, die vermutlich locker in 2-3 Ablageblätter passen?
Sicherlich kommst du in deiner Sache weiter, wenn du für dich zu einer Entscheidung kommst, ob du deine Marken "nur" sach- und materialgerecht lagern - ODER eben schön ausstellen möchtest.
Das war mir aus deiner ursprünglichen Anfrage nicht ganz klar geworden,
deshalb habe ich das Thema einfach mal grundlegend "beleuchtet",
zumal solche bzw. ähnlich gelagerte Fragen schon gelegentlich auftauchen.
Ab jetzt kann man beim QFCG etwas "darüber" finden und lesen (wenn man möchte).
"Menschen sind gut darin, Neues zu erfinden, aber sehr schlecht darin, die Folgen abzuschätzen ... Wie weit darf, wie weit soll Forschung gehen? Und wer zieht eigentlich die Grenze?“
(Aus: "Human Nature", britische Doku von Adam Bolt 2019)
(Aus: "Human Nature", britische Doku von Adam Bolt 2019)
Re: "Archivsichere" Aufbewahrung von Fotos u. flachen Papier-Objekten
Mit Sicherheit werden deine Ausführungen auch anderen Fans weiterhelfen. Ich suche etwas für folgende Sachen (nur eine Auswahl).
Thuringia rocks
Thuringia rocks
Was man tief in seinem Herzen besitzt, kann man nicht durch den Tod verlieren.
J.W.v.Goethe
J.W.v.Goethe